Aktionswoche Hand in Hand


Helmut Brandt kennt das als Rechtsanwalt nur zu gut. Er muss jemanden auf Basis des brandt.jpggeltenden Rechts und gemäß demokratischer Grundprinzipien unseres Gemeinwesens objektiv verteidigen, von dessen Unschuld er nicht überzeugt ist.

Brandt und May - Hand in Hand Gast und Gastgeber: Der Leiter der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Alsdorf, Martin May (l.), bot seinen Schülern mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Helmut Brandt einen interessanten Gesprächspartner zum Thema NPD-Verbot.

 

Im vorliegenden Fall argumentiert der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Alsdorf gemäß dem Grundsatz «in dubio pro reo», in Zweifelsfall für den Angeklagten, obwohl er als aufrechter Demokrat und Repräsentant von der Partei, um die es geht, nichts hält. Ganz im Gegenteil. Thema ist die NPD, die Nationaldemokratische Partei Deutschlands – und weshalb die noch nicht verboten ist.

Wo liegen die Grenzen und wo die Möglichkeiten einer wehrhaften Demokratie? Brandt ist im Zuge der Aktionswoche «Alsdorf – Hand in Hand statt fremd und feindlich» zu Gast in der mit Schülern vollgepackten Mensa der Alsdorfer Gustav-Heinemann-Gesamtschule. Lehrer, eine Gruppe vom Berufskolleg und Mitglieder des Integrationsrates sind nebst Bürgermeister Alfred Sonders ebenfalls dabei.

Schon einmal ist das Verbotsverfahren der NPD gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht legte dabei die Latte für ein Verbot sehr hoch. Die Ablehnung der freiheitlichen Grundordnung allein reiche nicht aus. Denn Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Da müssen schon nachweisbare kriminelle Akte dazu kommen, und das auf breiter Basis, seitens der Partei. Einzelne Mitglieder, die sich entsprechend straffällig machen, reichen da nicht aus. Wo kämen wir hin, wenn es so «einfach» wäre, Parteien zu verbieten?

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten bei ihrer Arbeit an der Verfassung nur zu gut das Ende der Weimarer Republik im Blick, referiert Brandt. Er plädiert dafür, die jetzt laufende Materialsammlung der Behörden für einen erneuten Anlauf zu einem NPD-Verbot erst einmal abzuwarten und dann die Aussicht auf Erfolg zu bewerten. Ein schwieriges Unterfangen, weil der Verfassungsschutz nicht mehr auf die intern erworbenen Kenntnisse von V-Leuten bauen kann. Dies würde vor dem hohen Gericht keinen Bestand haben.

«Wieso müssen wir darauf warten, dass es Morde gibt. Ich weiß doch, dass die NPD gegen mich ist», hält eine farbige Schülerin eindrucksvoll entgegen. «Ich finde nicht, dass wir hier die beste Demokratie haben, die ja solche Menschen hervorbringt», sagt eine weitere. «Es ist doch Aufgabe der Politik, alle Leute aufzufangen und auf den richtigen Weg zu bringen», gibt ein Schüler Brandt mit auf den Weg nach Berlin. «Bei Rassismus kann man doch nicht auf Meinungsfreiheit bestehen. Das ist doch Schwachsinn», lautet einer von vielen weiteren Einwürfen.

Recht haben und Recht bekommen ist nicht so einfach in einer Demokratie. Brandts undankbare Rolle wird aber durchaus erkannt. Reichlich Applaus wird dem Bundestagsabgeordneten seitens der Schüler am Ende zuteil. Sie finden zwar nicht toll, was der Jurist sagen muss, erkennen aber, dass er lieber was anderes sagen würde. Eine echte Lehrstunde in Sachen Demokratie.

Entnommen aus Aachener Nachrichten.